Rory Gallagher wurde am 2. März 1948 irgendwo Irland geboren – im Rock Hospital, wie es seine Biografie später fast schon ironisch hätte nennen können. Sein Vater arbeitete am nahegelegenen Wasserkraftwerk, seine Mutter sang in einer Laienbühne, und irgendwo zwischen Akkordeon-Klängen und Abbey-Player-Gesang lernte Rory, dass Musik entweder rettet oder völlig verrückt macht. Oder vielleicht beides. Mit neun Jahren bekam er seine erste Gitarre. Ein kleines Instrument, das ihm nichts ahnend das Einzige zeigen sollte, das sein Leben wirklich beherrschen würde: die Saiten.
Während andere Kinder in Cork Baseball spielten oder „irgendwas mit Büro“ machen wollten, saß Rory nachts vor dem Radio, lauschte amerikanischem Blues und Folk – Muddy Waters, Woody Guthrie, Lead Belly – und dachte sich: „Okay, das ist es. Das ist mein Leben.“ Schon als Teenager fing Rory an, sich die Finger blutig zu spielen, zunächst in Showbands wie Fontana oder The Impact, und schnell wurde klar: Dies war kein netter Side-Hobby-Gitarrist, das war jemand, der sich das Rampenlicht nicht nur verdient hatte, sondern der es brauchte, um zu überleben.
Hamburg, Cork, Belfast – egal wo er spielte, er brannte. Jeder Akkord, jede Slide-Linie, jedes Solo war eine kleine Explosion von Leidenschaft. 1966 gründete er Taste, ein Power-Trio, das im Nordirland der späten 60er Jahre sofort zur Sensation wurde. Sie spielten, was sie wollten, nicht was man ihnen sagte. John Lennon sah zu, Cream ließ sich supporten, und Rory war der Typ auf der Bühne, der sich nie groß um Management, Regeln oder Charts kümmerte – alles, was zählte, war die Musik.
Als Taste auseinanderfiel, hätte Rory sich zurücklehnen können. Stattdessen: Solokarriere. Und hier zeigte sich sein wahres Genie: Keine teuren Effekte, kein Studio-Gedöns, einfach er und seine Gitarre. „Deuce“, „Tattoo“, „Calling Card“, „Irish Tour '74“ – alles Platten, die wie ein Faustschlag aus purer Authentizität wirken. Rorys Stil war roher Blues, manchmal wild, manchmal melancholisch, immer echt. Jeder Song klang, als würde er direkt aus dem Leben kommen, nicht aus irgendeinem Marketingplan.
Rory war ein Performer, der alles gab. Über 300 Shows pro Jahr? Kein Problem. Bühne bis zum Umfallen? Normal. Und doch: Der Typ war kein Rockstar im klassischen Sinn. Keine Ehe, keine Kinder, kein Glamour – nur Gitarre, Bier, Roadtrips, der ständige Versuch, die Musik besser zu machen. Er war der Inbegriff dessen, was man einen „Musiker unter allen Umständen“ nennt. Natürlich hatte das seinen Preis. Leber, Herz, Leben – alles litt unter dem Rhythmus, den Rory selbst bestimmte. 1995, nach einer Lebertransplantation, war es dann vorbei.
MRSA – eine blöde, heimtückische Infektion – nahm ihm das Leben. 47 Jahre alt. Zu jung. Zu früh. Zu Rory. Doch genau deshalb lebt sein Mythos weiter. Die Stratocaster, abgeblättert vom Schweiß, die Auftritte, die jeden Club in Brand setzten, die junge Gitarristen von Slash bis The Edge inspirierten – das alles ist Rory Gallagher in Reinkultur.
Kein Schnickschnack, keine Kompromisse, nur purer, verdammter Blues-Rock. Wer einmal eine Rory-Show gesehen hat, weiß: Das kann man nicht kopieren, nur bewundern. Heute erinnern Bronze-Statuen in Ballyshannon, Skulpturen in Cork, Nachbildungen seiner Stratocaster und Tribute-Festivals daran, dass Rory mehr war als ein Musiker. Er war ein Manifest: Spiele die Musik, die du liebst, oder verschwende deine Zeit gar nicht erst.