Stevie Ray Vaughan wurde am 3. Oktober 1954 in Dallas geboren. Ein texanischer Junge mit Gitarre und einem unbändigen Drang, alles kaputtzuspielen, was nach sanfter Musik klang. Sein Vater war Asbestarbeiter, seine Mutter Sekretärin – solide Leute, die vermutlich nie ahnten, dass ihr Jüngster eines Tages Gitarrensoli spielen würde, die Leute weinen und die Verstärker qualmen lassen würden. Stevie lernte Gitarre von seinem älteren Bruder Jimmie. Mit sieben Jahren hatte er die Saiten schon mehr gequält als viele Erwachsene in ihrem ganzen Leben. Statt Hausaufgaben? Blues. Statt Kinderfernsehen? Hendrix, Albert King, Buddy Guy. Jazz? Klar, Kenny Burrell und Wes Montgomery – seine Helden.
Vaughan verschmolz all das zu einem Stil, der gleichzeitig explosiv und geschmeidig war. Niemand spielte so. Niemand. Mit 17 schmiss Stevie die High School hin. Vollzeit Gitarre, kein Plan B, kein „vielleicht später“. Das Leben war kurz, und der Blues wartete nicht. 1971 gründete er seine erste Band Blackbird und zog nach Austin, der Stadt, die ihn zu dem machte, was er wurde. Austin liebte ihn – Clubs, Bars, kleine Bühnen – Stevie schlug ein wie ein Blitz. 1975 spielte er bei Paul Ray & the Cobras, Austin Band des Jahres. 1977 startete er sein eigenes Ding: Triple Threat Revue. Lou Ann Barton war dabei, ein paar andere Musiker, und Stevie lernte schnell, dass Bands auseinanderfallen, Leute gehen, aber Gitarre bleibt.
Als Barton 1979 ausstieg, entstand Double Trouble – und hier begann die Magie. Jack Newhouse am Bass, Chris Layton am Schlagzeug, Tommy Shannon später am Bass, und Stevie als Leadsänger, Gitarrenzerstörer und Blues-Prediger. Diese Jungs machten Texas unsicher, bis man sie irgendwann ernst nahm: 1982 Montreux Jazz Festival in der Schweiz. David Bowie, der coolste Typ der Erde, hörte zu und dachte: „Ja, der Typ kann spielen.“ Ergebnis: Vaughan auf Let’s Dance, Bowies meistverkaufte Platte. Danach Plattenvertrag bei Epic. Debütalbum in zwei Tagen aufgenommen. Thanksgiving? Check. Kein Bullshit, nur Blues. 1983 kam Texas Flood raus. Die Leute hatten noch nie einen so heftigen Blues gehört.
Laut, dreckig, mit einem Ton, der aus einer Fender Stratocaster und Vintage-Amps direkt aus der Hölle kam. Singles wie „Pride and Joy“? Hits. Publikum? Total verliebt. Vaughan tourte wie ein Besessener, spielte in Clubs, Hallen, überall. 1984 folgte Couldn’t Stand the Weather, 1985 Soul to Soul – Erfolg, Kritikerliebe, Goldplatten. Bluesrock war zurück, und Stevie Ray Vaughan war sein König. Natürlich hatte das Ganze eine dunkle Seite. Mitte der 80er kämpfte Stevie gegen Alkohol- und Drogenprobleme. 1986 brach er auf Tournee in Deutschland zusammen. Reha, Entzug – er kam wieder, härter als je zuvor. Live-Alben, Headliner-Shows, Zusammenarbeit mit Robert Plant, Auftritte in Europa – er lebte schnell, spielte schneller.
1989 kam In Step, sein viertes Studioalbum, nach Jahren harter Arbeit und Selbstheilung. Grammy für bestes zeitgenössisches Bluesalbum. Hits wie „Crossfire“ und „The House Is Rockin’“. Jeder wusste: Stevie Ray Vaughan war jetzt offiziell Legende. Dann, 1990, das Leben schlägt zurück: Nach einem Auftritt in East Troy, Wisconsin, besteigt Stevie einen Helikopter. Minuten später: Absturz. Tot. 35 Jahre alt. Zu jung. Zu laut. Zu gut. Posthum erschienen Family Style mit seinem Bruder Jimmie, The Sky Is Crying, Live-Aufnahmen, Greatest Hits – alles Zeug, das zeigt: Stevie Ray Vaughan war nicht nur ein Musiker.
Er war ein Wirbelsturm aus Talent, Wahnsinn und Herz. Rolling Stone nennt ihn einen der 12 besten Gitarristen aller Zeiten – und ja, das stimmt, aber es kratzt nur an der Oberfläche dessen, wer er war. Stevie Ray Vaughan war ein Typ, der den Blues auf sein eigenes Level gehoben hat, ohne Rücksicht auf Verluste. Er hat Fehler gemacht, Drogen genommen, Menschen verletzt, Konzerte gerockt, Herzen gebrochen – aber verdammt, er hat die Gitarre sprechen lassen. Laut, klar, unvergesslich. Und hat uns allen gezeigt nicht so viel mit dem Helikopter rum zu fliegen.