Kirk Lee Hammett wurde am 18. November 1962 in San Francisco geboren, und wenn man es genau nimmt, war er von Anfang an ein Bay-Area-Kid durch und durch. Er wuchs in El Sobrante auf, zwischen Burgerbratereien, Gitarren und einer Familie, die eine wilde Mischung aus philippinischen, irischen, deutschen und schottischen Wurzeln mitbrachte. Sein Vater war ein Handelsschiffer mit einer Vorliebe fürs Trinken und Prügeln, seine Mutter eine warmherzige Filipina – und irgendwo dazwischen wuchs Kirk auf.
Schon als Kind hatte er zwei Obsessionen: Horrorfilme und Musik. Horror kam zuerst. Mit fünf verstauchte er sich den Arm, landete vor der Glotze, und plötzlich war „Blumen des Schreckens - (The Day of the Triffids)“ sein persönliches Erweckungserlebnis. Von da an war er süchtig nach Monstern, Zombies, Dracula, Frankenstein – und den ganzen Scheiß. Während andere Kinder ihr Taschengeld für Süßigkeiten verballerten, kaufte sich Kirk Horror-Magazine. Jahre später verwandelte er dieses Fandom in eine Sammlung, die selbst Hardcore-Nerds sprachlos machte – aber dazu später.
Musik kam über seinen Bruder Rick ins Spiel. Ricks Plattensammlung war ein heiliger Gral: Hendrix, Zeppelin, UFO. Kirk fing an, seine Horrorhefte zu verticken, um sich Platten und später eine eigene Gitarre zu kaufen. Mit 15 stand er dann da, mit einer „unglamourösen“ Montgomery-Ward-Gitarre, die so billig war, dass sie mit einem Schuhkarton-Verstärker geliefert wurde. Kein Witz. Trotzdem machte er ernst. Kurze Zeit später investierte er in eine Strat-Kopie und schließlich in eine Gibson Flying V – das war der Punkt, an dem aus dem Horror-Kid der Metalhead wurde.
Natürlich brauchte er auch einen Amp. Also schuftete er bei Burger King, nur um sich seinen ersten Marshall leisten zu können. Klassiker: Pommes wenden, Riffs schmieden. Mit 16 gründete er Exodus – eine Thrash-Band, die so roh und hungrig war wie ein Rudel Straßenhunde. Exodus war eine der Keimzellen der Bay-Area-Thrash-Szene, und Hammett war mittendrin. Er spielte auf ihren Demos, brachte den Namen (geklaut aus Leon Uris’ Roman), und ließ sich nebenbei noch von einem gewissen Joe Satriani die Finger verbiegen. Spoiler: Der war ein verdammt guter Lehrer.
Und dann kam 1983. Metallica waren gerade dabei, ihr Debütalbum aufzunehmen, als ihr Gitarrist Dave Mustaine wegen zu viel Alkohol, zu viel Aggression und zu wenig Geduld vor die Tür gesetzt wurde. Hetfield und Ulrich brauchten einen Ersatz – schnell. Hammett bekam den Anruf am 1. April (kein Scherz) und flog das erste Mal in seinem Leben raus aus Kalifornien, direkt nach New York. Vorspielen. Das erste Lied: „Seek and Destroy“. Kirk haute sein Solo raus, Hetfield grinste und dachte nur: „Okay, wir sind gerettet.“ Zack – Mitglied von Metallica. Exodus war Geschichte.
Seitdem hat Hammett Riffs geliefert, die ganze Stadien mitgrölen: „Creeping Death“, „Enter Sandman“, „Fade to Black“. Manche Riffs schleppte er noch aus der Exodus-Zeit rüber. Andere kamen später, in seiner „Blues-Phase“, die Load und Reload ihren speziellen Flavor gab. Doch Metallica zu sein, hieß auch Drama. 1986 stritten sich die Jungs im Tourbus darüber, wer wo schlafen darf. Kirk verlor seine Koje an Cliff Burton – und genau in dieser Nacht flog der Bus von der Straße. Burton starb, Kirk überlebte. Bis heute sagt er, dass dieses „Koje gegen Koje“-Losziehen ihn sein Leben lang verfolgt.
In den 90ern fing er an, sich tiefer in Jazz, Blues und sogar Filmanalyse reinzuwühlen. Er studierte an der San Francisco State University asiatische Kunst und Film, während Metallica die größten Hallen der Welt vollmachten. Trotzdem: Ohne Gitarre ging es nicht. Hammett ist ein Typ, der behauptet, 361 Tage im Jahr zu spielen. Manchmal auf seinen ESP-Signature-Modellen (mit Horror-Grafiken wie „Ouija“ oder „Mummy“), manchmal auf Gibsons, immer mit einem Tape um die rechte Hand. Warum?
Weil er so hart anschlägt, dass er sonst auf Tour seine Hand aufreißt. Pragmatismus auf Metal-Niveau. Dann kam St. Anger – das Album, das Solos killte. Hammett war angepisst, aber Bob Rock und Lars fanden, dass Gitarrensoli nicht reinpassten. Hammett fügte sich, aber nicht ohne später klarzustellen, dass er da eigentlich anderer Meinung war. Privat blieb er sich treu: Horror. Comics, Poster, Masken, Memorabilia. Er packte seine Sammlung sogar ins Orion Music + More Festival und nannte das Ganze „Kirk’s Crypt“.
Außerdem brachte er ein Buch raus – „Too Much Horror Business“. Ach ja, Surfen liebt er auch. Typisch Kalifornien. 2015 verlor er sein Handy – mit 250 Songideen für Metallica drauf. Keine Backups. Er erinnert sich bis heute nur an acht davon. Selbst James Hetfield konnte darüber nur lachen. Und dann, 2022, nach fast 40 Jahren Metallica, veröffentlichte Hammett sein erstes Solo-Ding: „Portals“.
Eine Instrumental-EP, inspiriert von klassischer Musik, Soundtracks und – wie könnte es anders sein – Horrorfilmen. Kein Versuch, Metallica zu kopieren, sondern ein Blick in die düstere, cineastische Soundwelt von Kirk Hammett. Heute lebt er in San Francisco, mit seiner Frau Lani, seinen beiden Söhnen und zwei Hunden. Ein echter Bay-Area-Mann, der nie aufgehört hat, Monster zu lieben, Riffs zu schreiben und sich von einem verlorenen Handy nicht unterkriegen zu lassen.