Jimmy Page wurde 1944 in Heston, einem Londoner Vorort, geboren – und mit acht Jahren zog er nach Epsom, Surrey. In seinem neuen Zuhause stolperte er über eine alte Akustikgitarre, die wohl jemand vergessen hatte. Kein Wunder, dass er sofort hängen blieb: Elvis Presley war überall, Lonnie Donegan auch, und Jimmy dachte sich wohl: „Warum nicht?“ Mit einem Schulfreund und ein paar Lehrbüchern bewaffnet, begann er, die Tricks der Rockabilly-Gitarristen Scotty Moore und James Burton und der Blues-Legenden Elmore James und B.B. King zu kopieren.
Er nutzte die Skiffle-Welle – eine schnelle, schräge Version amerikanischer Folkmusik – um seine erste Band zu gründen. Mit 13 stand er schon im BBC-Programm All Your Own auf der Bühne. Wissenschaftlich interessiert war er zwar kurz, aber die Gitarre hatte schon gewonnen. Straßen, Clubs, egal wo – Jimmy spielte überall, wo er ein Publikum finden konnte. Nach der Schule stieg er in die Tour-Band Neil Christian and the Crusaders ein und machte mit 18 seine ersten kommerziellen Aufnahmen. Dann schlug ihm das Leben einen Haken: Mononukleose.
Keine Tourneen, keine Shows. Stattdessen setzte er sich in Sutton Art College an Pinsel und Papier – aber die Gitarre vergaß er nicht. Er jamte in Londons aufstrebender Bluesszene, hängte mit Jeff Beck und Eric Clapton ab, lernte, wie man richtig klingt, und saugte alles auf wie ein Schwamm. Mit dem Beatle-Boom explodierte die britische Musikszene. Studios waren rar, Zeit teuer, und die Bands brauchten jemanden, der Songs blitzschnell lernte, arrangierte und fehlerfrei spielte. Jimmy Page war genau dieser Typ.
Session-Aufnahme nach Session-Aufnahme, bis zu drei am Tag, sechs Tage die Woche – er lebte das Studio wie ein Hamster sein Laufrad. Er spielte auf ersten Platten von The Kinks und The Who, begleitete Marianne Faithfull, Petula Clark, Donovan. Und während andere nur spielten, lernte er auch die Tricks hinter der Kamera: Produzent, Talent-Scout, kreativer Kopf. Aber Page war nicht dafür gemacht, nur im Studio zu hocken. Als ein Mitglied von The Yardbirds die Band verließ, sprang er ein – zusammen mit Jeff Beck.
Ein Album, US-Tour, Filmauftritt in Blow-Up – doch die Band war am Ende, und Page stand wieder allein da. Also baute er sich seine eigene Supergruppe. Drummer John Bonham, Bass- und Keyboarder John Paul Jones und der unbekannte Sänger Robert Plant – der Mann mit der Stimme, die Türen aufbricht. Erst tourten sie kurz als The New Yardbirds, dann bekam die Band ihren ikonischen Namen: Led Zeppelin. Das Debütalbum in neun Tagen aufgenommen, Page als Produzent und Bankier. Die US-Tour war ein Feuerwerk, Led Zeppelin katapultierte sich an die absolute Spitze.
Und die nächsten Alben? Gut das du fragst. Allesamt Hits, jede Tour ein Rekord. „Stairway to Heaven“? Ein Gitarrenmonument, das selbst heute noch jeden Anfänger in Ehrfurcht erstarren lässt. Von Houses of the Holy bis Physical Graffiti, von akustischen Folk-Experimenten bis zu Wänden aus Hardrock – Page bestimmte den Sound einer Generation. 1974: Die Band hat alles auf Platz eins, spielt vor riesigen Menschenmengen, ist weltgrößter Rockact. 1980 bricht das Chaos herein: John Bonham stirbt.
Die Band löst sich auf. Keine Kompromisse, keine billigen Ersatzdrummer – fertig. Seitdem lebt Page seinen Wahnsinn auf seine Weise: Filmmusik, Projekte mit Plant, The Honeydrippers, The Firm. Auftritt hier, Aufnahme da, immer noch neugierig, immer noch kreativ. Led Zeppelin? Sein Baby, das er behütet, während neue Generationen sich an seinen Gitarrenriffs die Finger blutig spielen. Zweimal in die Rock and Roll Hall of Fame, Officer of the British Empire, Kennedy Center Honors – Preise? Klar, hat er. Aber Page macht keine Show daraus. Er macht Musik, weil es das Einzige ist, das sich lohnt.