Joe Fidler Walsh wurde am 20. November 1947 in Wichita, Kansas, geboren – und schon damals wusste die Welt: Dieser Junge wird später Dinge an Gitarren tun, die normale Menschen nur mit offenem Mund bewundern. Sein Vater, Lt. Robert Fidler, starb, als Joe gerade zwei war – ein tragischer Hintergrund, der ihn offenbar nicht davon abhielt, das Leben voll auszuschöpfen. Seine Mutter Helen, eine klassisch ausgebildete Pianistin, versorgte ihn mit Musikwissen, während Joe nur darauf wartete, dass endlich Rock ’n’ Roll im Radio spielte. Die frühe Joe-Jugend war ein Roadmovie:
Ohio, Chicago, New York City, Montclair in New Jersey – das Kind, das später die Gitarre quälen würde, musste erstmal die USA kennenlernen. An der Montclair High spielte er Oboe (ja, Oboe) und sogar kurzzeitig Football, bevor eine Verletzung seine Sportkarriere beendete. Seine erste Gitarre bekam er mit zehn, nachdem er „Walk Don’t Run“ von den Ventures gehört hatte – und der Junge war infiziert. Von da an gab es nur noch Musik, Gitarren und gelegentlich etwas Chaos. 1965 gründete Walsh mit ein paar College-Kumpels die Garage-Band The Measles – keine Ahnung, ob sie die Welt veränderten, aber sie hinterließen Spuren auf einem Ohio Express-Album.
Doch der echte Rock’n’Roll-Ruf kam 1968, als er zur James Gang stieß. Ein legendäres Detroit-Konzert im Grande Ballroom wurde zur Geburtsstunde des Joe-Walsh-Sounds: Die Hälfte der Band sprang ab, Joe musste Rhythmus, Lead und Gesang gleichzeitig stemmen – und zerschlug dabei die Bühne wie ein Gitarren-Ninja. „Yer’ Album“ erschien, Goldalben folgten, Singles wie „Funk #49“ und „Walk Away“ wurden Klassiker. Pete Townshend selbst sagte: „Flüssig, intelligent, kaum zu toppen.“ Spoiler: Joe fand das ziemlich cool.
Aber Joe wäre nicht Joe, wenn er sich auf Lorbeeren ausruhen würde. Die James Gang war groß, aber beschränkend. Also schnappte er sich sein Zeug und zog in ein abgelegenes Bergbaudorf in Colorado, fand ein frisch gebautes Studio (das später als Caribou Ranch berühmt werden sollte) und begann das Abenteuer Barnstorm. 1972 erschien das Debütalbum, ein paar Jahre später „The Smoker You Drink, the Player You Get“ – inklusive „Rocky Mountain Way“, einem Song, der bis heute jede Rockparty rettet.
Talkbox, Slide-Gitarre, Fuzzbox, Leslie-Speaker – Joe baute sein eigenes Sounduniversum. Los Angeles rief, und mit ihm die zukünftigen Eagles-Kollegen. Joe brachte seine rauen Gitarrenriffs in die samtigen Harmonien der Band ein. Das Ergebnis? Hotel California. Grammys, Millionen verkaufte Alben, Gitarrensoli, die Gitarren-Neulinge ehrfürchtig dasitzen lassen. Die Eagles wurden mit Joe zu einer Maschine aus Hits, Tourneen, Whiskey, Lederjacken und gelegentlichen Zickereien.
Doch Walsh wäre nicht Walsh, wenn er sich nur auf Eagles verlassen würde. Soloalben wie So What (1974), But Seriously Folks… (1978) mit „Life’s Been Good“ – die Ironie des Rock ’n’ Roll in Perfektion – oder There Goes the Neighborhood (1981) zeigten, dass er genauso ein brillanter Einzelkämpfer war. In den 80ern und 90ern tobte er sich weiter aus, kämpfte mit Alkohol, Drogen und den Tücken des Rockstar-Daseins, spielte mit Ringo Starr, Michael McDonald, Warren Zevon, Lionel Richie – kurz: Joe war überall und brachte jedem Musiker den Wahnsinn.
Die Eagles lösten sich 1980 auf – kurzzeitig, wie alle großen Dramen – aber 1994 kamen sie zurück, Hell Freezes Over. Joe war clean, nüchtern, hungrig, und die Tourneen machten klar: Der Mann ist unsterblich. Long Road Out of Eden? Platin. Ehrungen? Unzählige. Tribute-Konzerte mit Dave Grohl, Taylor Hawkins, Paul Rodgers – Joe war der Rockstar, von dem man dachte, er sei in den 70ern eingefroren. 2017 gründete Joe VetsAid, eine Charity für Veteranen. Das erste Konzert war ein Spektakel mit Keith Urban, Zac Brown Band, Gary Clark Jr. – 17.500 Leute, mehr Geld als ein Rockstar in Vegas je ausgeben würde, direkt für einen guten Zweck.
Joe brachte das noch über die Jahre auf ein Level, wo selbst Hardrocker Tränen in den Augen hatten. Trotz aller Höhen und Tiefen blieb Joe Walsh immer eines: der Typ, der macht, was er will, und dabei verdammt gut klingt. Vom kleinen Jungen, der vor dem Bitter End Club stand, bis zum Gitarrengott, der die größten Bühnen der Welt regierte – Joe lebt Rock ’n’ Roll, kichert über seine eigenen Eskapaden und spielt die Gitarre so, als würde sie nie sterben. Und ja, seine Slide-Gitarre klingt immer noch wie die perfekte Mischung aus Wahnsinn, Whiskey und himmlischem Chaos. Wenn man Joe Walsh hört, versteht man: Wer braucht schon Konventionen, wenn man Rock ’n’ Roll im Blut hat?